Bedeutet das Streben nach Glück negative Gefühle „weg zu machen“? Nein – im Gegenteil!

Bedeutet das Streben nach Glück negative Gefühle „weg zu machen“? Nein – im Gegenteil!

Ressourcen-Juwel: Annahme von unangenehmen Gefühlen

Schon des öfteren wurde ich gefragt, ob „glücklich sein“ oder das „Streben nach Glück“ für mich bedeutet, Probleme und die dazugehörigen unangenehmen Gefühle wegzuschieben. Negative Gedanken sofort durch positive zu ersetzen, damit wir bloss nicht unglücklich werden.

Und meine Antwort ist: nein! Ich behaupte sogar, dass wir nur dann langfristig glücklich sein können, wenn wir den sogenannten negativen Gefühlen den Raum geben, den sie verdienen.

Trauer, Angst, Wut, Scham, Ohnmacht, Neid usw. sind Gefühle, die zum Menschsein dazu gehören und eine Funktion für uns erfüllen. Deshalb ist es eigentlich auch falsch, von „negativen“ Gefühlen zu sprechen. Sie fühlen sich für uns nur unangenehm an und werden deshalb negativ von uns bewertet. Wir haben nämlich schon als Kinder gelernt, dass diese Gefühle schlecht sind. Wer erinnert sich nicht an Aussagen wie: „Du musst doch keine Angst haben“, „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“ oder „Nun stell dich nicht so an“. Wir haben dadurch gelernt, diese Gefühle in uns zu verurteilen und uns gleich mit, wenn sie auftraten. Besonders die Verdrängung von Wut, Angst und Trauer stand – und steht leider oft noch immer – schon für Kinder ganz oben auf der To-Do-Liste, weil sie gelernt haben, dass viele Erwachsene diese Gefühle nicht gut aushalten können.

Was tun wir nicht heute noch alles, um bloss nicht fühlen zu müssen, was da in uns brodelt. Das Betäuben von unangenehmen Gefühlen durch übermäßig viel Shopping, Essen, Sport, Drogenkonsum, Serien-Marathon auf Netflix usw. ist für viele Menschen schon ganz normal geworden. Auch hinter einem Gefühl von Leere, Unruhe oder undefinierbaren seelischem Schmerz können verdrängte Gefühle stehen.

Das Streben nach Glück bedeutet für mich also nicht, alles Unangenehme in meinem Leben zu verdrängen! Alle Gefühle gehören zu mir und die „negativen“ haben sogar eine ganz besondere Zuwendung verdient. Gerade weil sie oft so stiefmütterlich behandelt wurden.

Für mich werden die „negativen“ Gefühle dann zu einem Problem, wenn sie anfangen „Looping zu fahren“ und wir uns in die sogenannte Problemtrance begeben. Wenn es uns nicht mehr gelingt, neben dem Schmerz auch noch das Schöne im Leben wahrzunehmen. Wenn du lernst, deine Gefühle liebevoll anzunehmen, hast du gute Chancen, aus der Problemtrance auszusteigen – immer und immer wieder. Das ist ein Prozess. Und manchmal braucht es auch einfach mal Krisen, um im Sorgen-Tal Anschwung zu nehmen und aus der Krise Gutes entstehen zu lassen. Sei nachsichtig mit dir und schau gerne hier mal rein: Warum unser Gehirn lieber negativ denkt!

Es gibt mehrere Techniken und Wege, sich den „negativen“ Gefühlen auf liebevolle Weise zu nähern. Da ich hier aber nicht auf alle Techniken eingehen möchte, beschreibe ich die Methode, die ich für mich am liebsten praktiziere. Mir fällt gerade auf, dass meine Übung noch gar keinen Namen hat : ) Den braucht sie auch nicht unbedingt …

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Von Vorteil ist es, wenn du schon etwas Meditationserfahrung hast. Wenn nicht ist das voll ok und du kannst diese Übung trotzdem ausprobieren. Ich beschreibe dir am besten mal, wie ich sie durchführe:

Als erstes nehme ich Abstand zu all dem, was mein Gehirn mir gerade erzählen will. Ich höre, wie es vor sich hin denkt, schenke ihm aber nicht mehr so viel Aufmerksamkeit. Am besten gelingt mir das, wenn ich von meinem Kopf in meinen Körper spüre und einen Bodyscan oder Autogenes Training praktiziere (diese Techniken kannst du im Internet recherchieren, wenn du mit ihnen noch nicht vertraut sein solltest). Du kannst natürlich auch andere Wege gehen, um mehr in deinem Körper anzukommen.

Sobald ich in meinem Körper angekommen bin, konzentriere ich mich auf meinen Atem, wie er ganz natürlich ein- und ausfließt. Nach ein paar Atemzügen richte ich meine Aufmerksamkeit auf meinen Herzbereich. Du kannst auch deine Hand auf dein Herz legen, um diesen Bereich besser fühlen zu können.

Mein Herzbereich ist für mich ein Ort, an dem ich meistens Liebe wahrnehme. Wenn du das nicht so empfindest, spür mal hinein und mach dich auf die Suche nach angenehmen Empfindungen wie z.B. Wärme.

Ich spreche dann still zu den Gefühlen, die gerade da sind. Z.B. so: „Liebe Angst, du darfst da sein. Ich nehme dich in mein Herz hinein und durchströme dich mit all meiner Liebe“.

Dann stelle ich mir vor, wie die Angst in mein Herz fließt und von der Liebe gehalten wird. Die Liebe stellt für mich grundsätzlich einen mütterlichen und die Angst einen kindlichen Aspekt meiner Selbst dar.

Wenn dir die Wahrnehmung von Liebe in deinem Herzen schwer fällt oder dir ein bisschen verrückt vorkommen mag, dann stell dir vor, wie der ängstliche Anteil von dir in deinem Herzen wie von einer liebenden Mutter gehalten wird.

Falls du dir gar nichts davon vorstellen magst, halte einfach deine Aufmerksamkeit in deinem Herzbereich. Dann werden die Gedanken leiser und hören auf, dein negatives Gefühl anzuheizen.

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Alternativen/Ergänzungen zu meiner Übung:

  • „Die Arbeit mit dem inneren Kind“
  • „Focusing“ nach Eugene T. Gendlin
  • EFT (Emotional Freedom Technique)

Ideen zur Selbstrecherche!

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Es ist leicht zu sagen „bejahe und akzepiere deine Gefühle und mach das so oder so“. Es braucht etwas Übung. Ich bin da selber noch auf dem Weg und keineswegs erleuchtet. Aber es lohnt sich, diesen Weg zu beschreiten!

Viel Freude dabei und alles Liebe!

Dein Selbstglück ♡

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!!! Was mir noch wichtig ist:

Ich unterscheide zwischen der „normalen“ Angst und der Angst, die im Zusammenhang mit einer Angststörung auftritt. Wenn du unter einer diagnostizierten Angststörung leidest, dann mach Übungen wie diese bitte nur in Begleitung einer Psychotherapeut*in !!!

Und: ich benutze die Begriffe Gefühl und Emotion synonym. In der Fachwelt werden sie unterschieden. Für unsere Zwecke ist diese Unterscheidung meiner Ansicht nach aber nicht relevant.

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